Abstract
Hintergrund. Der Begriff Multimorbidität ist über 15 Jahre alt. Ein umfassender Vergleich der Prävalenzdaten aus den internationalen Studien ist aufgrund der heterogenen methodologischen Ansätze erschwert, die Multimorbidität sehr unterschiedlich operationalisieren. In diesem systematischen Review sollen die verschiedenen Definitionen von Multimorbidität in Bezug auf ihre Auswirkung in den Prävalenzen, sowie auf andere methodologische Aspekte beschrieben und analysiert werden.
Methoden. Eine systematische Literaturrecherche wurde in den grossen elektronischen Datenbanken MEDLINE/PreMEDLINE und Embase für den Zeitraum von Januar 1990 bis einschliesslich Dezember 2011 durchgeführt. Ferner wurde nach relevanten Prävalenzstudien in sozialwissenschaftlichen Datenbanken wie CINAHL, the Web of Science und BIOSIS, sowie Google Scholar gesucht. Nach einem umfassenden Evaluationsprozess konnten unter Anwendung von Ein- und Ausschlusskriterien 52 verschiedene Studien für den definitiven Review eingeschlossen werden.
Resultate. In diesen Studien wurde Multimorbidität am häufigsten als das gleichzeitige Auftreten von zwei oder mehr chronischen Erkrankungen definiert, nur wenige legten in ihrer Definition minimal 3 und mehr Erkrankungen zugrunde. Allerdings variierten Art und Anzahl der eingeschlossenen Krankheiten stark. Mehr als zwei Drittel der untersuchten Studien stammten aus der hausärztlichen Versorgung oder der Allgemeinbevölkerung. Die Datenerhebung erfolgte mehrheitlich über Selbstberichte der Patienten bei bevölkerungsbezogenen Studien oder über elektronische Angaben aus Hausarztdatenbanken. Auch in Bezug auf die Studienpopulationen, insbesondere die Altersverteilungen waren die Resultate sehr heterogen. In Studien der Hausarztmedizin lagen die Prävalenzangaben für 2+ chronische Erkrankungen zwischen 3,5% und 98,7%, auch in den bevölkerungsbasierten Studien zeigte sich eine grosse Spannweite von 10,2% bis 73%. Diese grosse Heterogenität der Studienresultate, auch bedingt über die unterschiedlichen methodologischen Vorgehensweisen, macht einen differenzierten Vergleich der darin enthaltenen Prävalenzen zur Multimorbidität fast unmöglich.
Schlussfolgerungen. Für valide Vergleiche nationaler und internationaler Prävalenzangaben müsste eine standardisierte Definition von Multimorbidität inkl. Festlegung der Mindestanzahl und Art der einzubeziehenden chronischen Erkrankungen international diskutiert und festgelegt werden. Weiter sollte diskutiert werden, welche anderen methodischen Vorgaben zu der Datenerhebung oder den Studienteilnehmern in den entsprechenden Settings notwendig sind.