Abstract
Auf das Unwetter, das im August 2005 weite Teile der Schweiz unter Wasser setzte, reagierten die Medien sofort. Die Präsenz der Medien vor Ort hat die plötzlich hereingebrochene Not direkt und fast in «Echtzeit» in die schweizerischen Wohnungen getragen.
Gerade im Falle von Naturkatastrophen sind Massenmedien ein wichtiger Teil des Katastrophenschutzes und des Managements derselben. Über die Medien lassen
sich schnell viele Menschen erreichen. Schon daher kommt dem Mediensystem in einer
Katastrophe eine grosse Verantwortung zu. Form und Stil der Medienkommunikation
tragen entscheidend zur Wahrnehmung und Einschätzung von Risiken bei.
Umso weniger kann ignoriert werden, dass sich das Mediensystem seit der Auflösung
der Parteipresse in den 60er Jahren fundamental verändert hat. Das brachte einen starken
Kommerzialisierungsschub der Medien mit sich – insbesondere in den 80er Jahren
mit dem Markteintritt von privaten Radio- und Fernsehanstalten. Absatzzahlen und
Einschaltquoten bestimmen seither über den Markterfolg. Es entsteht darum ein starker
Anreiz publikumskonform zu berichten. Ereignisse und Themen werden eher veröffentlicht,
wenn sie wichtige Kriterien der journalistischen Nachrichtenauswahl wie
etwa Dramatik, Überraschung, Relevanz, Visualisierbarkeit oder räumliche Nähe
erfüllen. Vor diesem Hintergrund sind Katastrophen das Medienereignis schlechthin.
Allerdings spielt in einem Medium stets eine Kombination von Einflüssen eine Rolle.
Neben redaktionellen Grundsätzen beeinflussen organisatorische Gegebenheiten
ebenso wie der Erscheinungszyklus oder die Themenkonkurrenz die Konstitution von
Medienrealität (Ruhrmann und Göbbel, 2007).
Die Zielsetzung der empirischen Inhaltsanalyse besteht darin, die Medienlogik im Prozess
der Katastrophenberichterstattung besser zu verstehen. Dazu ist die medienöffentliche
Sicht auf das Hochwasser 2005 mit Ereignissen der Vergangenheit zu vergleichen.
Unter Einbezug von Daten zu Unwetterkatastrophen im Zeitraum von 1910
bis 2005 lassen sich Wandlungsprozesse der Medien selbst, wie auch die gesellschaftliche
Risikowahrnehmung an ausgewählten Beispielen diskutieren. Im Fokus dieser
Analyse stehen die Medienresonanz, die aufgegriffenen Themen und die diskutierten
Ursachen sowie die Bildberichterstattung und das Hervorrufen von Betroffenheit.