Abstract
Die vorliegende Vertiefungsstudie untersucht «Tweets» im Social-Media-Kanal Twitter von Medienredaktionen einerseits und Journalisten andererseits. Die Ergebnisse zeigen, dass auf der Ebene der Medienredaktionen kaum ein publizistischer Mehrwert der Twitterkommunikation auszumachen ist. Twitter wird hier primär als Promotionskanal für Beiträge aus dem eigenen Haus verwendet. Die Möglichkeiten zur Interaktion mit anderen Nutzern werden von den Redaktionen praktisch nicht genutzt. Twitter zeigt auf der Ebene der redaktionellen Verwendung starke Züge massenkommunikativer Einwegkommunikation, die dem Zusatz «sozial» (Social Media) in keiner Weise gerecht wird. Auf der Ebene der individuellen Accounts von Journalisten sind hingegen durchaus positive Effekte zu verzeichnen: Die Twitterkommunikation von Journalisten zeichnet sich erstens durch eine grössere Umweltoffenheit aus, es wird ein grösseres Quellenspektrum referenziert und die Kommunikation ist interaktiver. Zweitens wird Twitter unter Journalistinnen und Journalisten vergleichsweise intensiv zur Erörterung und Kanalisierung medienbezogener und medienkritischer Fragen genutzt. Die auf Twitter geäusserte Medienkritik zeigt allerdings auch Defizite: So bestehen «Beisshemmungen» gegenüber den publizistischen Erzeugnissen aus dem eigenen Haus. Ausserdem fristet die kritische Reflexion des Journalismus ein Schattendasein. Die auf Twitter formulierte Medienkritik manifestiert sich hauptsächlich als negative Beurteilung von partikulären Medieninhalten und konkurrierenden Medientiteln. Es dominiert die Beschäftigung mit Einzelfällen zu Lasten einer generalisierenden Reflexion der Entwicklungstendenzen im Mediensystem insgesamt. Zudem bleibt die auf Twitter geäusserte Medienkritik in ihrer Reichweite stark limitiert und diffundiert nicht in die Leitmedien.