Abstract
Die Studie stellt einen Beitrag zur empirischen Rechtsvergleichung dar, indem sie Einflüsse auf die strafgerichtliche Tatsachenermittlung für Schuld- oder Freispruch in den drei deutschsprachigen Nationen prüft. Mittels eines hypothetischen Modells werden mögliche Einflüsse auf die richterliche Überzeugungsbildung abgebildet und deren Vorkommen und Zusammensetzung in einer Stichprobe von 75 Strafrichterinnen und -richtern aus den drei Ländern geprüft. Gefragt wurde nach den drei letzten Fällen aus ihrer Praxis. Auf diese Weise konnte eine repräsentative Zufallsauswahl von 225 Urteilen betreffend Straftaten einer gewissen Schwere aus dem Bereich des Kernstrafrechts gewonnen werden. Untersucht wurden die Zusammenhänge zwischen objektiven und subjektiven Beweismitteln und ihre belastende oder entlastende Beweisrichtung. Erhoben wurde ferner das Ausmaß unmittelbarer Beweiserhebung durch Befragung sowie die Art und Intensität der Protokollierung von Aussagen. Von Interesse waren weiter Einflüsse der Aussagebereitschaft des Angeklagten und Änderungen der Verteidigungsstrategie auf den Verfahrensausgang sowie die Einflüsse bürokratischer Zwänge und der Medienresonanz auf die Urteilsfindung. Schließlich interessierten die Aussageprotokolle und ihre relative Aussagekraft sowie die Selbsteinschätzung der Wahrheitswahrscheinlichkeit der getroffenen Urteile durch die Urteilenden.