Abstract
Öffentlichen Medien wird oftmals vorgeworfen, dass sie im Medienmarkt private Medien verdrängten. Diese «crowding-out»-These gewinnt an Brisanz, weil im Onlinebereich viele Informationsangebote – sowohl von öffentlichen als auch privaten Medien – um die knappe Aufmerksamkeit des Publikums und zum Teil auch um zahlende Abonnent:innen kämpfen. Mit einer Auswertung von repräsentativen Befragungsdaten aus dem Reuters Institute Digital News Report (2024) der University of Oxford überprüfen wir für die Schweiz, ob die Nutzung von Informationsangeboten der SRG SSR mit der Nutzung von privaten Informationsmedien und mit der Zahlungsbereitschaft für Onlinenachrichten in Zusammenhang steht. Die Analyse ergibt keine Hinweise darauf, dass die SRG SSR private Medien im Informationsbereich verdrängt. Nutzer:innen der SRG konsumieren Informationsangebote privater Medien häufiger, als dies Nichtnutzer:innen der SRG tun. Mit einem Anteil von 3,5 % an der Gesamtbevölkerung gibt es zudem nur wenige Personen, die online ausschliesslich Informationsgebote der SRG nutzen, ohne gleichzeitig auch Abonnement- oder Pendler- und Boulevardmedien im Onlinebereich zu nutzen. Dies verweist darauf, dass öffentliche Informationsangebote eher komplementär zu denjenigen privater Medien genutzt werden. Vergleichsweise gross ist dagegen die Gruppe derjenigen, die online nur Pendler- und Boulevardmedien nutzen (26,5 %). Die Nutzung von Online- oder Offlineangeboten der SRG hängt auch nicht mit der (tiefen) Zahlungsbereitschaft für Onlinenachrichten zusammen – weder positiv noch negativ. Stattdessen ist u. a. das generelle Interesse an Nachrichten ein entscheidender Faktor. Auf Basis dieser empirischen Daten kann die SRG SSR mit ihren Informationsangeboten nicht dafür verantwortlich gemacht werden, dass private Informationsmedien teilweise ein Reichweitenproblem haben oder dass (zu) wenige Menschen für Onlinenachrichten bezahlen. Öffentliche und private Medienhäuser sollten daher vielmehr gemeinsam dazu beitragen, das Nachrichteninteresse in der Bevölkerung zu steigern und der generellen «Gratismentalität» im Internet und auf sozialen Plattformen entgegenzutreten.